Von der Lederfabrik zum Betreubaren Wohnen

Als Hermann Hinterhölzl als junger Mann in der Lederfabrik Poeschl in Rohrbach einige Jahre lang als Hilfsarbeiter tätig war, hätte er nicht gedacht, dass er fünf Jahrzehnte später an dem Ort, wo die Fabrik damals stand, leben würde! Vor Errichtung des Caritas Zentrums Rohrbach am Gerberweg 6 stand nämlich am Poeschlteich ein nahezu gleichgroßes Betriebsgebäude – die damalige Lederfabrik Poeschl. Seit 20 Jahren beherbergt das Caritas Zentrum Rohrbach an diesem Standort u.a. 25 betreubare Wohnungen. Eine Wohneinheit hat der heute 84 jährige Hermann Hinterhölzl im Dezember 2020 bezogen. Den Umzug hat er nicht bereut.

Aufgewachsen in bescheidenen Lebensverhältnissen in einem bäuerlich-ländlichen Umfeld in Helfenberg besuchte Hermann Hinterhölzl 8 Klassen der dortigen Volksschule. Kurz war er im Kollegium Petrinum in Linz. Hier weckte die lateinische Sprache sein Interesse für sprachliche Ausdrucksformen und  für Bücher. In Wilhering erlernte Hermann Hinterhölzl das Bäckerhandwerk. Durch den dortigen Pater Emmerich Doninger und den Stelzhamerbund Linz bekam er erste Berührungspunkte mit der Mundartdichtung, und er startete erste Vortragstätigkeiten. Nach dem Präsenzdienst beim Bundesheer arbeitete Hermann Hinterhölzl als Hilfsarbeiter bei der Firma Wiesner-Hager in Altheim.

1962 heiratete er seine Frau Marianne Gumpenberger aus Rohrbach. Er übersiedelte nach Rohrbach und arbeitete in der Bäckerei der Schwiegereltern mit. Gemeinsam mit den Schwiegereltern bauten sie ein Wohnhaus in Rohrbach-Berg.

Marianne und Hermann Hinterhölzl bekamen vier Kinder. Leider verunglückte 1987 eine Tochter tödlich. Mittlerweile gibt es drei Enkel und ein Urenkerl.

Nach seinem Job in der Lederfabrik Poeschl kam er 1968 zum Amt der oö. Landesregierung. Nach mehreren Dienstprüfungen und der Beamtenaufstiegsprüfung arbeitete Hermann Hinterhölzl von 1973 bis zur Pensionierung Ende 1999 als Beamter in der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach.

Seine Freizeitaktivitäten waren das gemeinsame Wandern, Bergwandern, Radfahren, Musikhören und Schwimmen mit seiner Frau. Nach 57 Ehejahren verstarb seine Frau am 23. September 2019. Seither widmet er viel Zeit dem Lesen und dem handschriftlichen Aufzeichnen von Texten. Zudem geht er so oft wie möglich spazieren.

Durch den Tod seiner Frau empfand er den Verbleib im bisherigen Wohnhaus nicht mehr als sinnvoll. Die Kinder hatten sich ihre eigenen Wohn- und Lebensbereiche geschafften – und so wurde die Haushälfte verkauft, und Hermann Hinterhölzl zog im Betreubaren Wohnen in Rohrbach-Berg ein. „Hier gibt es geordnete Verhältnisse, ein angenehmes Bewohnerklima und gute Serviceleistungen.  Ich bin restlos zufrieden mit meiner neuen Wohnsituation.“  Dass dem so ist, ist nicht zuletzt Caritas-Hausleiterin Marianne Wöss zu verdanken. Als „gute Seele des Hauses“ steht sie den Bewohner*innen mit Rat und Tat zur Seite, kümmert sich um soziale Belange, organisiert Unterstützungsleistungen wie Essen auf Rädern oder Mobile Pflegedienste und achtet darauf, dass eine gute Hausgemeinschaft entsteht.

Sie selbst ist seit 20 Jahren als Hausleiterin im Einsatz. Neben Rohrbach betreut sie noch die Betreubaren Wohnformen in Aigen-Schlägl.  „Mir persönlich ist es wichtig,  dass sich die Bewohner*innen im Betreubaren Wohnen wie zu Hause fühlen und gleichzeitig die Sicherheit haben bei Problemen nicht alleine gelassen zu werden“, beschreibt sie den Grund, warum sie nach so vielen Jahren noch immer gerne als Hausleitung arbeitet.

Ein großes Hobby von Hermann Hinterhölzl war und ist das Schreiben. „Ich bin ein Gelegenheitsschreiber, dem eben hin und wieder ein brauchbarer Wurf gelungen ist oder gelingt“, sagt er bescheiden über sein Talent. Freude empfindet er, „wenn ich mit meinen Versuchen in das Gemüt der Menschen Anregung, Frohsein und vielleicht auch Trost einbringen kann.“ Darüber hinaus möchte er das Wirken von verstorbenen Autoren z.B. durch das Vortragen von deren Texten im Rahmen von Lesungen in Erinnerung halten. An vielen Heimatabenden und Festveranstaltungen hat Hermann Hinterhölzl mitgewirkt, ebenso bei Rundfunk- und Fernsehaufnahmen. Theaterstücke hat er verfasst, die in Rohrbach, Sarleinsbach, St. Oswald b.H. und Götzendorf aufgeführt wurden. Er wirkte mit beim Museumsaufbau des Freilichtmusemus „Denkmalhof Unterkagerer“. Jährlich finden hier auch Lesungsabende statt. Die Mundartgedichte „Da Mittn zua“ und „Du muaßt as nuh amol lesn“ sowie der Roman „Die anderen Tage“ wurden genauso veröffentlicht wie Kurzgeschichten in der vormaligen Bezirkszeitung „Rohrbacher Notizen“ und der Sammelband „Aus da Hoamat“ – 32. Band Stelzhamerbund. Als einziger Oberösterreicher war er 1972 beim Bundeswettbewerb Literatur in Eisenstadt vertreten, und vier Mal erhielt er Preise – 2002 sogar den 1. Preis – beim Wettbewerb „Leopold-Wandl-Preis“ in Grein. 1999 wurde er Konsulent für Volksbildung und Heimatpflege, 2000 bekam er das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen. 2006 den Kulturpreis der Stadt Rohrbach und der Raiffeisenbanken Bezirk Rohrbach und 2009 das Goldene Ehrenzeichen vom Stelzhamerbund Freunde oberösterreichischer Mundartdichtung.

Hermann Hinterhölzl kann mit Stolz auf sein bisheriges Leben zurückblicken. Und wir freuen uns, dass er anlässlich unseres 20 jährigen Jubiläums ein Gedicht geschrieben hat, welches er bei unserer Bewohner*innenfeier vortragen wird. Herzlichen Dank!

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