Im Experimentierland für das Leben

Die Gießkanne war früher: Im Kindergarten können die Kleinsten heute ganz ihren Interessen und Stärken entsprechend aus einer breiten Palette an Bildungsangeboten auswählen. Pädagog*innen sorgen dafür, dass jedes Kind seine Kompetenzen entwickeln kann.

Die Schulanfänger haben sich ins Experimentierland verzogen. Sie füllen Glasschüsseln mit Wasser und Pfeffer und tunken Wattestäbchen ein. Ein Mädchen geht vorbei. „Ah. Ihr tut die Viren verjagen“, sagt sie. Sie kennt das Spiel.

Zwei Petrischalen haben die Kinder, um die Wattestäbchen zu präparieren. Eine ist mit Wasser gefüllt, die andere mit Seifenlauge. Sobald das in Seifenlauge getunkte Wattestäbchen den Pfeffer erwischt, schnellt dieser an den Rand der Schüssel. Die Wasser-Oberfläche ist wieder klar. Die 6-jährige Marlies freut sich. „Elke, ich hab’s geschafft! Ich hab die Viren verjagt!“, ruft sie.

Den Forschungsdrang der Kinder in naturwissenschaftlich-technischen Bereichen wecken – das ist das Ziel von Elke Hattinger. Seit elf Jahren leitet sie den Caritas-Kindergarten Pötting. Der Kindergarten ist klein. Es gibt ihn seit 40 Jahren, nach wie vor hat er nur eine Gruppe. Von Beginn an war es der Leiterin wichtig, die Kinder zum Experimentieren und Forschen anzuregen. Sie sucht sich Experimente auf Pinterest, besucht mit den Kindern das Welios in Wels und nutzt den Girl’s Day – nicht nur für die „Girls“, sondern für alle Kinder: Die Buben schnuppern dabei ins Nähen hinein.

Dabei greift Hattinger die Interessen der Kinder auf. „Wenn sich beispielsweise gerade viele für Raketen begeistern, dann machen wir einen Raketenstart und testen mit Hilfe von Fliehkraft und Druckluft die verschiedensten Startmanöver aus“, erzählt die Kindergarten-Leiterin.

Steter Tropfen höhlt den Stein: Kürzlich meinte Marlies, sie wolle Forscherin werden.

Neben Elke Hattinger betreut eine weitere Pädagogin, Bettina, die 19 Kinder. Derzeit sind sie gesegnet: Praktikantin Elisabeth, die gerade die Ausbildung zur Helferin macht, unterstützt sie. Zu dritt in der Gruppe zu sein ermöglicht eine andere Art des Lernens: Wo früher Angebotspädagogik herrscht, d.h. alle Kinder wurden - ähnlich dem schulischen Frontalunterricht – mit einem Programm bespielt, gibt es nun bedürfnisorientiert eine breite Palette an Möglichkeiten. Nicht länger überlegt sich eine Pädagogin ein Programm, das über die ganze Gruppe gestülpt wird. Stattdessen gibt es Spielinseln, in denen sich die Kinder ihren Interessen widmen können. Während im Experimentierland geforscht wird, zieht sich eine Gruppe auf den „Bauplatz“ zurück, wo sie gemeinsam mit Elisabeth aus Steckwürfeln Fahrzeuge, Gebäude und Dinosaurier zusammenbauen. Bettina sitzt indessen mit vier Kindern am Tisch und spielt Karten. Die Lernumgebung wird kontinuierlich an die Kinder angepasst.

Lernen bewusst gestalten

Pädagogische Konzepte sind im Wandel, und mit ihnen der Kindergarten. Die Rahmenbedingungen kommen mit diesem Wandel noch nicht ganz mit. Roswitha Nollet, Leiterin der Caritas-Fachstelle für kirchliche Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen, kennt die Herausforderungen, mit der Pädagog*innen konfrontiert sind: „Früher gab es ein einheitliches Programm für alle Kinder. Manche waren unterfordert, andere überfordert. Es wurde eher auf die Schwächen geschaut“, erklärt sie. „Heute sehen wir uns ganz bewusst jedes einzelne Kind an: Wo steht es, was sind seine Interessen und wie kann ich es in seiner Entwicklung unterstützen?“

Während Kindergärten früher als Betreuungsorte galten, sind sie mittlerweile wichtige Bildungseinrichtungen. Sie legen den Grundstein für die Bildungslaufbahn der Kinder. Insbesondere auf die Entwicklung von sozialen Beziehungen und Emotionen, Sprache, Bewegung, Kreativität und...

Lesen Sie die Reportage sowie Einblicke darüber, wie es derzeit um Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen steht in der neuen Ausgabe unserer Zeitung „nah dran“. Kostenlos abonnieren bei der Caritas Information, Tel. 0732/7610-2020, information@caritas-ooe.at