Hilfs- und schutzbedürftige Menschen, die in Österreich um Asyl ansuchen, erhalten im Rahmen der Grundversorgung die notwendige Unterstützung, um Grundbedürfnisse ihres täglichen Lebens rasch decken zu können. Diese Unterstützung gibt es in Österreich nun seit 20 Jahren. Zu diesem Jubiläum lud unsere Flüchtlingshilfe zu einer ganz besonderen Challenge ein: „Tausche Bergschuh gegen Flipflop“.
Worum ging es bei der Challenge?
 Tausche deine warmen, stabilen und Halt gebenden Bergschuhe gegen wacklige, unsichere und als Schuhwerk der Flüchtenden geltende Flipflops. Erlebe den Alltag einer asylsuchenden Person und erfahre so mehr über die Herausforderungen und Bedingungen.
Gemeinsam mit Caritas-Mitarbeiter*innen wurde exemplarisch einen Grundversorgungsantrag gestellt und die Teilnehmer*innen erhielten ein Care-Paket, welches ein*e Asylwerber*in ebenfalls für eine Woche bekommt. Die Challenge dauerte eine Woche und während dieser Zeit musste man mit einem täglichen Budget von nur 7 Euro auskommen.
Wie es einer Teilnehmerin nach dieser Challange ergangen ist, könnt ihr hier nachlesen:
Tausche Bergschuh gegen Flip-Flop!
 (von Zoé Mauchamp Feßl)
 
 Das war mein Motto vom 18. bis 24. April (2024 obviously)!
 Eine Woche, 7 Euro pro Tag und eine völlig neue Sicht aufs Leben.
 Naja – nicht ganz so dramatisch...
 
 Ich bin Schülerin, kurz vor der Matura, habe unglaublich viele Hobbys und ein besonderes Interesse
 was Asyl und Flucht betrifft. Also habe ich nicht gezweifelt und habe mich sofort entschieden die
 Challenge anzunehmen, als ich sie in dem News-Letter der Young Caritas entdeckt habe.
 Doch ich hatte schon meine Erwartungen: Das sollt sich schon gut ausgehen!
 Also habe ich meinen Lebensstandard so gut wie unverändert gelassen und habe geschaut wie gut
 es sich ausgeht. Ich hab mich besonders auf die Kosten durch Lebensmittel konzentriert ohne auf
 qualitative Bio-Produkte zu verzichten. Konstant habe ich die „Notes“ und den Taschenrechner am
 Handy offen gehabt und habe überlegt, wie viel denn eine halbe Mozzarella kostet, oder wie lange
 ich mit einem Liter Öl auskomme, was drei Monate sind, also um die 20 Cent Kosten für die Woche
 ausmachen – bei Salz bin ich auf 3 Cent für die Woche gekommen – Schminke benutze ich nicht,
 und so weiter und so fort.
 
 Auf was ich jedoch verzichtet habe, ist „viel essen“ und vor allem „Luxusgüter essen“ (so gut wie
 möglich). Also keine Schokolade nach dem Essen und nicht nachschieben, wenn man eh schon
 genug gegessen hat. Am Samstag habe ich nicht auf die Wochenendbrötchen und Mohnstrudel
 verzichten können/wollen und all mein Tagesbudget ist darauf gegangen! Mein billigster Tag war
 Montag mit 1.05€ (exklusive Brot und Butter die im Wochenbudget eingerechnet wurden). Damit
 ist mir klar geworden, wie billig aber auch teuer Essen sein kann!
 
 Was Verkehrsmittel angeht, habe ich mein Oberösterreich Jugendticketnetz verwendet, welches für
 die Woche 1€ gekostet hat. Ansonsten bin ich so gut wie möglich mit dem Rad zu
 Freizeitaktivitäten gefahren. Drei Mal hat mich meine Mutter mit dem Auto nach Bad Hall gebracht
 (einerseits „geschummelt“, andererseits habe ich persönlich ja kein motorisiertes Fahrzeug betätigt)
 
 Mit meinen Freizeitaktivitäten hat mein Wochenbudget ordentlich gelitten: 15€ pro Woche nur
 für Klavier und Gesangsunterricht an der Musikschule, plus eine Turnmeisterschaft mit 10€
 Startgeld! Mit dem wäre schon die Hälfe meines Budgets aufgebraucht gewesen, hätte ich nicht 15€
 mit 1,5 Stunden Nachhilfe „schwarz“ verdient!
 
 Insgesamt sind mir, inklusive Hygieneartikel, wie Rasierer oder andere „verbrauchbare Artikel“,
 wie einen Schwamm, 6,12€ von meinem Wochenbudget übriggeblieben. Diese sechs Euro wären
 bei Einberechnung von Sachen, die ich schon länger als ein Jahr besitze, wie Kleidung, das Handy,
 Kopfhörer, Schuhe, Sportsachen usw. sicher noch einmal dezimiert worden. Denn um zum Beispiel
 auf die Reparaturkosten meines Handydisplays, den ich Anfang des Jahres geschrottet hatte, von
 200€ zu kommen, hätte ich letztes Jahr schon knappe acht Monate darauf hin-sparen müssen.
Und hier möchte ich zwei Probleme zum Thema Grundversorgung für Asylbewerber_innen
 ansprechen:
 
 1. Erstens bedeuten fast alle soziale Aktivitäten in unserer kapitalistischen Gesellschaft, vor
 allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen (Vorbild unter anderem Social Media) –
 Konsum. Essen gehen, fortgehen, shoppen (bzw. trendige Kleidung tragen), ins Gym gehen
 usw. Besonders für Jugendliche und junge Erwachsene bedeutet das Auslassen dieser
 kostspieligen Aktivitäten soziale Ausgrenzung.
 
 2. Zweitens ist die Grundversorgung für Asylbewerber_innen keine Wahl. Sie können/dürfen
 sich ihren Lebensstandard nicht durch Arbeit verbessern. Und so sehr ich diese Challenge
 spannend gefunden habe, ich habe es genossen, nach einer Woche nicht mehr auf meine
 Ausgaben besonders aufpassen zu müssen!
 
 Abschließend muss ich erwähnen, dass meine Flip-Flops unglaublich gepolstert waren! Wie
 bereits erwähnt habe ich Gegenstände, die ich bereits besessen habe und für viele Jahre noch
 besitzen werde, wie eben Kleidung, Handy, Laptop ect., nicht mit in mein Budget einberechnet.
 
 Und um schließlich einen Bogen um die ganze Geschichte zu spannen, möchte ich kurz erzählen,
 wie ich Grundversorgung und Asyl in der Woche anders begegnet bin. Tatsächlich begegnet eine
 Maturantin dem Thema im Alltag nur wenig. Doch am Dienstag in meiner „Flipflopwoche“ habe
 ich meine VWA zum Thema „Theorie und Praxis der Flüchtlingspolitik an der EU-Außengrenze“
 gehalten, was mir vor allem bei der Bearbeitung der Fallbeispiele (Ceuta/Melilla, Belarus-Polen,
 Griechenland-Türkei, Libyen...) völlig andere Aspekte der Flucht näher gebracht hat und nerven
 gekostet hat!
 
 Also ist mein Fazit vor und nach der Challenge gleich:
 Asylbewerber*innen darf die Chance auf bequeme Bergschuhe nicht auf alle Ewigkeit verwehrt
 bleiben, wie es sich manche Politiker*innen leider erhoffen. Das ist einfach nicht fair.
        