Natalie und Sigi sitzen auf Treppen mit einem Schild "ungefiltert gesagt"

Stimmen, die berühren - ein Podcast aus der Wärmestube

Ein Praktikum in der Wärmestube der Caritas in Linz brachte Natalie Larndorfer aus St. Martin im Mühlkreis intensiv in Kontakt mit Menschen mit schweren Schicksalsschlägen, psychischen Erkrankungen oder ohne Obdach. Diese Begegnungen bewegten die 20-Jährige, die derzeit an der Caritas-Schule für Sozialbetreuungsberufe am Linzer Salesianumweg die Diplom-Ausbildung für Behindertenarbeit macht. Für ihr Fachprojekt entschied sie sich deshalb, die Lebensgeschichten der Besucher*innen der Wärmestube sichtbar zu machen und startete den Podcast „Ungefiltert.gesagt.“ Auf Instagram zu finden unter: www.instagram.com/ungefilter.gesagt

„Leider gibt es in unserer Gesellschaft sehr viele Vorurteile gegenüber obdachlosen Menschen. Nur wenige machen sich Gedanken darüber, warum jemand in diese Situation geraten ist“, erklärt die angehende Diplom-Sozialbetreuerin. „Dabei stehen oft schwere Schicksalsschläge dahinter, die jede und jeden treffen können. Das ist den Wenigsten bewusst.“

Im Podcast kommen Betroffene selbst zu Wort und erzählen ungeschönt von ihrem Leben – und davon, was ihnen trotz aller Herausforderungen Kraft und Hilft gibt. Wärmestuben-Leiter Patrick Hörtnagl freut sich über die engagierte Praktikantin und das Projekt: „Diese Menschen leben so sehr am Rand der Gesellschaft, dass die meisten Menschen an ihnen vorbeischauen. Mit diesem Podcast gibt Natalie ihnen eine Bühne. Sie können im Mittelpunkt stehen und ihre Sichtweisen teilen. Das schafft mehr Empathie.“

In den Gesprächen erfuhrt Natalie Larndorfer viel über die vielfältigen Ursachen von Obdachlosigkeit: Scheidungen, ein falscher Freundeskreis, psychische Erkrankungen oder die Abhängigkeit von Drogen und Alkohol. „Viele unterschätzen, wie schnell das gehen kann. Auch der hohe Leistungsdruck im Beruf hat manche in die Obdachlosigkeit geführt. Irgendwann kommt der Punkt, wo der Druck zu groß wird, und plötzlich geht gar nichts mehr. Wenn man sich dann keine Hilfe sucht, dann geht es sehr schnell bergab“, erzählt sie.

 

Viel Weisheit und Offenheit

Bei den Aufnahmen war Natalie Larndorfer beeindruckt, wie offen die Menschen waren und wieviel Weisheit in den Geschichten der Menschen steckt. Das hatte sie ursprünglich nicht erwartet. „Die Menschen erzählen ehrlich, wie etwas ist oder wie sie es erlebt haben. Was alle verbindet ist die Haltung: Es muss irgendwie weitergehen, egal was passiert. Wenn man glaubt, eine Situation sei ausweglos, muss man sein Denken ändern. Denn es geht weiter.“

Eine besondere Herausforderung war die Organisation der Interviews. Vereinbarte Treffen platzten oft kurzfristig - manchmal musste jemand ins Krankenhaus oder eine andere Krise kam dazwischen. „Eine herkömmliche Kontaktaufnahme per Handy ist meistens nicht möglich, deshalb hat es manchmal länger gedauert, bis wir aufnehmen konnten.“ Umso mehr freut es sie, dass so viele Besucher*innen von der Wärmestube beim Podcast mitmachen wollen. Dieser Zuspruch motiviert sie, den Podcast auch nach dem Praktikum ehrenamtlich weiterzuführen und weiterhin freiwillig in der Wärmestube tätig zu sein.

 

Ein Neuanfang mit Sinn

Ihr Weg in den Sozialbetreuungsberuf war nicht geradlinig. Nach einer Friseurlehre spürte sie rasch, dass sie etwas anderes wollte. Ein Praktikum in einer Werkstätte für Menschen mit Beeinträchtigungen bestärkte sie schließlich: Sie begann die dreijährige Diplomausbildung für Behindertenarbeit an der Caritas-Schule für Sozialbetreuungsberufe am Linzer Salesianumweg. „Es war definitiv die richtige Entscheidung. Man hat so viele Möglichkeiten und lernt unglaublich viel.“ Parallel zum Diplom, das sie nächstes Schuljahr abschließt, arbeitet sie bereits in Schloss Hartheim. Wer wie Natalie Larndorfer Interesse an einem Sozialbetreuungsberuf hat, kann sich unter www.ausbildung-sozialberufe.at über Ausbildungsmöglichkeiten informieren.