Caritas/Wakolbinger

Bildung statt Armut: Chancengerechtigkeit beginnt im Kindergarten

Armut wird vererbt. Das betrifft nicht nur den materiellen Wohlstand: Bildung spielt eine Schlüsselrolle dabei, ob man in der Armutsspirale gefangen bleibt oder ob es einen Weg hinaus gibt. Denn beides ist eng verknüpft: Der Bildungsabschluss bestimmt maßgeblich die späteren Erwerbschancen. Für Chancengleichheit müssen wir bei der Elementarbildung ansetzen, um Kindern einen guten Start ins Leben zu ermöglichen.

Bildung ist ein Sicherheitsnetz für soziale Teilhabe und schützt vor Armutslagen: Wer keine weiterführende Bildung hat, trägt ein überdurchschnittlich hohes Risiko von Armut oder Ausgrenzung gefährdet zu sein. Erhebliche soziale und materielle Benachteiligung betrifft Personen mit Pflichtschulabschluss (33 Prozent sind ausgrenzungsgefährdet) fast dreimal so häufig wie jene mit Lehre oder mittlerer Schulbildung (12 Prozent). Für Personen mit Universitätsabschluss ist die Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung nur halb so hoch wie für jene mit Pflichtschulbildung (15 Prozent).

Um Armut zu bekämpfen, müssen wir daher so früh wie möglich ansetzen: bei der Elementarbildung. Vorschulische Bildung und Betreuung trägt immens zum späteren Bildungserfolg bei und ist damit ein großer Hebel, Armut nachhaltig zu vermindern. Frühkindliche Bildungseinrichtungen helfen dabei, Defizite im Elternhaus auszugleichen: wenn die Eltern nicht beim Lernen unterstützen können oder selbst nicht gut Deutsch sprechen. Kinder aus armutsgefährdeten Familien haben vermehrt Lernschwierigkeiten, da ihnen oft ein geeigneter Platz zum Lernen fehlt oder um die Hausaufgaben zu erledigen. Angebote, die hier ausgleichend ansetzen, heben damit die Chancen für Kinder aus armutsgefährdeten Familien.

Große Wirkung von Zusatzangeboten

Vertiefende Studien zeigen, dass der Besuch alleine nicht ausreicht. Die Qualität der Einrichtung spielt eine große Rolle dabei, sprachliche und soziale Benachteiligung zu kompensieren – und die zusätzlichen Angebote, die sie bietet. Besuchen Logopäd*innen regelmäßig die Einrichtung, werden dadurch Kinder früh in ihren Sprach- und Bewegungsschwächen gefördert, so dass sie im Idealfall bis zum Schuleintritt „austherapiert“ sind. Auch Mentoring-Programme können die fehlende familiäre Unterstützung ausgleichen, wie z.B. das Caritas-Projekt „Rückenwind“, bei dem Eltern mit Migrationshintergrund von mehrsprachigen Bildungslots*innen begleitet und gefördert werden, um eine aktivere Rolle als Bildungspartner*in ihrer Kinder übernehmen zu können.

Ein armutsfestes Bildungssystem bietet jungen Menschen einen chancengleichen Start in die schulische Laufbahn. Vorhandene Schwächen und Unterschiede werden strukturell überwunden, um einen soliden Grundstein für das spätere Lernen zu legen.

Weichenstellung für die Zukunft

Erfreulich ist, dass immer mehr Kinder eine frühkindliche Bildungs- und Betreuungseinrichtung besuchen. Der große Wehmutstropfen: Im frühkindlichen Bereich ist der Anteil der öffentlichen Ausgaben geringer als im Schul- oder Hochschulbereich. Und das, obwohl hier der Grundstein zur Armutsprävention gelegt wird. Gerade im Elementarbereich werden wichtige und langfristig wirkende Weichen für die weitere Zukunft gestellt.

Ausschlaggebend ist hierbei auch die Verfügbarkeit eines Platzes sowie die Leistbarkeit. Um in Wien und Oberösterreich einen kostenfreien Kindergarten- oder Hortplatz zu bekommen, müssen beide Eltern berufstätig oder in Ausbildung sein. Das bevorzugt Doppelverdienerhaushalte. Da Frauen mit Migrationshintergrund eine geringe Erwerbstätigenquote aufweisen, erschwert diese Auflage die Möglichkeit für Familien mit Migrationshintergrund, einen frühzeitigen und hochwertigen Zugang zu öffentlichen Bildungsangeboten zu bekommen.