In der Begleitung von Menschen mit Beeinträchtigungen spielt die Beziehung die wichtigste Rolle. Besonders spürbar wird sie in sogenannten „positiven Kontaktmomenten“: kurzen, aber tiefen Augenblicken gegenseitiger Verbundenheit, in denen Herz, Aufmerksamkeit und Empathie zusammenfinden.
Positive Kontaktmomente sind Momente, in denen eine gegenseitige, spürbar angenehme und gefühlsstarke Verbindung zwischen den Menschen auf Augenhöhe entsteht. Sie sind das Ergebnis einer empathischen, aufmerksamen und beziehungsbasierten Herangehensweise - nicht durch Worte, sondern um eine intuitive, beziehungsstiftende Präsenz. Ein echtes Dasein füreinander.
Dadurch entsteht oftmals eine Herzensbildung. „Das bedeutet, dass wir uns in andere hineinversetzen können. Wir spüren, was der andere gerade fühlt – und versuchen zu verstehen, warum er so empfindet“, sagt Josef Ratzenböck, Leiter der Abteilung Wohnen der Caritas OÖ. In solchen Momenten ist oft eine besondere Energie spürbar, manchmal sogar ein Zustand von „Flow“. Beide haben das Gefühl gesehen, geschätzt zu sein.
Diese Erlebnisse bleiben nicht folgenlos – sie sind es wert, erzählt zu werden und sie prägen die Haltung im weiteren Begleiten.
Ein Erlebnis ist Ratzenböck besonders in Erinnerung geblieben: „Ein Bewohner hatte Geburtstag. Für ihn ist das ein ganz wichtiger Tag“, erinnert er sich. Er hatte nur wenige Verwandte und Freunde außerhalb seines Wohnumfelds. An diesem Tag machte er sich auf den Weg zu einem Verwandten, 60 Kilometer entfernt, um – wie vereinbart – gemeinsam zu feiern. Doch der Verwandte war nicht erreichbar.
Enttäuscht kehrte der Mann zurück. Josef Ratzenböck besuchte ihn am Abend. „Er erzählte mir alles und sagte: ‚Is eh wurscht. Aber wia zwa trinkan jetzt auf’n Geburtstag. Du vergisst ned…‘“, erinnert er sich.
„In dem Moment habe ich seine Enttäuschung und gleichzeitig seine Erleichterung über meinen Besuch gespürt. Auch bei mir relativierte es so manche kleinere Enttäuschung. Die beidseitige Freude, diesen Ehrentag noch gebührend zu begehen war für uns beide bereichernd. Es war Herzensbildung - für ihn und für mich.“
