Wenn Eva Hoppe in die Wohnungen fremder Leute kommt, wird alles abgeklopft - im wahrsten Sinne des Wortes. Die Energiesparberaterin gibt Menschen Tipps, wie sie ihre Energiekosten senken, und tauscht ineffiziente Geräte aus.
Noch bevor sie in der Wohnung steht, öffnet Eva Hoppe im Stiegenhaus ein Fenster und prüft die Hausfassade - erste Infos, um schnell und effizient die Lage abzuschätzen. An diesem Tag kommt sie in einen Haushalt in Steyr-Tabor. Die vierköpfige Familie lebt erst seit drei Monaten in der 70m2-Wohnung. Ein Wohnzimmer, eine Küche, ein kleines Bad und ein gemeinsames Schlafzimmer für die Eltern und die zwei Kinder. Zwei Matratzen liegen am Boden neben dem elterlichen Bett, dicht an dicht. Wenn es regnet, riecht man Schimmel.
Der junge Vater führt die Energieberaterin in der Küche, wo der Stein des Anstoßes steht: der Kühlschrank. Auf den ersten Blick weiß Eva Hoppe: Es handelt sich um einen ausgedienten Einbaukühlschrank, der als Standgerät benutzt wird. Er ist alt, die Dichtung funktioniert nicht mehr. Die Familie bekam ihn als Geschenk zum Einzug.
Sie setzt sich mit dem Vater im Wohnzimmer zusammen und geht die Energiekennzahlen der Wohnung durch. Sie will sich ein Bild davon machen, wie der Verbrauch der Familie ist und an welchen Schrauben gedreht werden kann.
Mit den Wohnumständen ist sie zufrieden: Das Haus stammt aus der Kriegszeit und hat eine gute Fassade. Auch wurde es saniert, die Fenster sind neu. „Dadurch werden Sie geringere Kosten haben“, erklärt sie dem Vater. Offene Rechnungen gibt es keine. Da die Familie erst seit kurzem hier wohnt, kann sie die Heizkosten im Winter nicht abschätzen. Trotzdem gibt sie schon präventiv Tipps: „Machen Sie die Fenster morgens und abends fünf bis zehn Minuten lang ganz auf, damit die feuchte Luft vom Duschen und Atmen rausgeht. Sonst kann es zu Schimmel kommen. Und trocknen Sie die feuchte Wäsche am Balkon.“
Die Couch steht dicht an der Heizung. „Die sollten Sie mindestens einen halben Meter, eher einen Meter weiter weg stellen, sobald Sie zu heizen beginnen. Dann geht weniger Wärme verloren“, rät sie.
Schlechte Wohnverhältnisse
Seit einem Jahr fährt Eva Hoppe als Energiesparberaterin durch Oberösterreich. 300 Beratungen hat sie in dieser Zeit hinter sich. Anspruchsberechtigt zu diesem Programm des Klima- und Energiefonds des Bundes sind alle, die von den Rundfunkgebühren befreit sind oder einen Heizkostenzuschuss, Sozialhilfe, Wohnbeihilfe oder eine Ausgleichzulage beziehen. In einer telefonischen Erstberatung wird überprüft, ob der Haushalt die Kriterien erfüllt.
Bei ihren Beratungen hat Eva Hoppe schon alles gesehen, von schlichten Wohnungen mit sehr gastfreundlichen Familien, bis hin zu verwahrlosten Kindern, die eine Familienbegleitung bräuchten. Feuchte Wohnungen, um die sich der Vermieter nicht kümmert, Schimmel, Zugluft, manchmal funktioniert kein einziger Heizkörper. Hin und wieder empfiehlt sie, die Wohnung zu wechseln. Doch das können sich viele nicht leisten. Sie müssen nehmen, was sie bekommen. Insbesondere Migrant*innen hätten große Probleme damit, eine akzeptable Wohnung zu bekommen. Sie haben keinen Zugang zu Genossenschaftswohnungen und sind auf die Privatvermietung angewiesen.
Brandherde schnell identifizieren
Gemeinsam mit der Familie geht Eva Hoppe den Fragekatalog durch: Sind die Räume warm genug? Werden weniger Räume geheizt, als vorhanden sind? Ist der Jahresverbrauch angemessen für eine vierköpfige Familie?
Als sie erfährt, dass die Familie für den Strom monatlich 30 Euro zahlt, wird sie hellhörig. „Das ist zu wenig“, sagt sie sofort. „Es sollten mindestens 70 Euro sein. Da wird eine Nachzahlung kommen.“ Sie vermutet, dass der Verbrauch des Vormieters als Grundlage hergenommen wurde, und dieser wahrscheinlich alleine in der Wohnung lebte. Bei einer fast fünfköpfigen Familie - Kinder Nummer drei ist gerade auf dem Weg - geht sich das nicht mehr aus.
Eva Hoppe ist Sozialberaterin der Caritas-Sozialberatung, derzeit im Team Energie. Durch diesen Erfahrungsschatz kann sie sich schnell orientieren, wenn sie in die Haushalte kommt und einschätzen, wo die sozialen „Brandherde“ sind. Zwar war die Familie bisher nicht bei der Sozialberatung, doch bereits mit dem, was sie in einer halben Stunde erfahren hat, ist ihr klar, dass die Familie in die Richtlinien der Sozialberatung hineinfallen würde: Der Vater ist Alleinverdiener und arbeitet für eine Putzfirma. Miete und Heizung kosten ihn die Hälfte seines monatlichen Lohns. Hinzu kommen die Kosten für Auto, Versicherung und zwei - bald drei - kleine Kinder. Erst in knapp vier Jahren hat die Familie einen Anspruch auf Wohnbeihilfe, wenn der Vater weiterhin arbeitet.
„In den nächsten fünf Monaten werden Sie noch eine finanziell angespannte Situation haben“, erklärt sie der Familie. Sie empfiehlt den Eltern, zum Caritas-Lager zu gehen und dort Gebrauchtwaren für die Kinder zu besorgen, um so etwas zu sparen. Sie notiert sich die Eckpunkte der Familie, um die Daten später an die Sozialberatung weiterzugeben - für den Fall, dass die Familie vorstellig wird, damit die Kolleg*innen vorbereitet sind....
Lesen Sie die vollständige Reportage über die Energiesparberatung der Caritas, was es für eine ökologische Sozialpolitik angesichts des Klimawandels braucht, sowie aktuelle Infos aus der Caritas in der neuen Ausgabe unserer Zeitung „nah dran“. Kostenlos abonnieren bei der Caritas Information, Tel. 0732/7610-2020, information(at)caritas-ooe.at