Pflegende Angehörige brauchen mehr als Bonus

Einen Bonus von 1.500 Euro pro Jahr als Wertschätzung für die Arbeit von pflegenden Angehörigen hat kürzlich die ÖVP auf Bundesebene vorgeschlagen. Natürlich ist jede Form der Anerkennung und finanziellen Unterstützung für die vielen Menschen in Österreich zu begrüßen, die Familienmitglieder zu Hause betreuen und pflegen. Doch das allein wird ihre vielfältigen Problemstellungen und Belastungen nicht lösen. Aus unserer Beratung von pflegenden Angehörigen wissen wir: Dringend gebraucht werden u.a. mehr Möglichkeiten, um sich eine Auszeit vom fordernden Pflegealltag nehmen zu können. Denn alles Geld der Welt nützt nichts, wenn es notwendige Angebote nicht oder zu wenig gibt: an Kurzzeit-Pflegeplätzen, an Tagesbetreuungs-Plätzen, an mobiler Betreuung auch an Randzeiten bzw. über die Nacht.

Und natürlich wäre gerade für pflegende Angehörige, die noch berufstätig sind, eine ausreichende finanzielle Absicherung nötig. Dafür reicht ein Bonus nicht aus. Daher ist das Modell der bezahlten Anstellung von pflegenden Angehörigen durchaus interessant – für jene, die aufgrund eines umfangreichen Pflegebedarfs ihre Berufstätigkeit aufgeben müssten. Denn in solchen Fällen bleibt den Familien oft nur die Alternative, einen Heimplatz für den/die Angehörige/n zu finden. Das ist zum einen zumeist nicht der Wunsch der Betroffenen – und kostet der Allgemeinheit auch wesentlich mehr. Dass ein solches Modell nun auch in Oberösterreich für Familien erprobt wird, die Kinder mit Beeinträchtigungen betreuen und pflegen, ist begrüßenswert. Diese Möglichkeit wird sicherlich nicht für alle Familien mit beeinträchtigten Kindern passend sein. Es würde aber einigen ermöglichen, weiterhin im gewohnten Familiensystem zu bleiben, was natürlich gerade bei Kindern wichtig wäre. Das Projekt muss jedenfalls gut begleitet werden, um Überforderungen von Eltern zu vermeiden und die Qualität abzusichern. Dann wäre es sicher überlegenswert, es auch auf den Bereich der Altenpflege auszudehnen.

Eine große Hilfe wäre außerdem eine Reform des Pflegegeldes, wie auch ein Experten-Gutachten zeigt, das wir als Caritas kürzlich in Auftrag gegeben haben. Die Qualität der Begutachtung, nach der die Pflegegeld-Einstufung vorgenommen wird, muss verbessert werden. Und der zeitliche Betreuungsbedarf bei Menschen mit psychischen Erkrankungen wie etwa Demenz, muss höher angerechnet werden.

Es bedarf also weitaus mehr Maßnahmen, um pflegende Angehörige als eine wichtige Säule unseres Pflegesystems zu unterstützen. Dazu gehört auch, sie zu ermutigen, Hilfen, die es bereits gibt, in Anspruch zu nehmen und sich nicht dafür zu schämen.

Für die lang versprochene Pflegereform liegen bereits genügend Vorschläge für sinnvolle Maßnahmen am Tisch. Nun sollte endlich gehandelt werden. Das wäre jene Form der Wertschätzung, die für alle Betroffenen im Pflegesystem wirklich hilfreich wäre.