Zukunftsgespräche 2008

„Müssen Pinguine fliegen können?“ lautete der ungewöhnliche Titel der Zukunftsgespräche am 23. Oktober 2008 im Stift St. Florian, die von der Caritas für Menschen mit Behinderungen in Kooperation mit den OÖ. Nachrichten veranstaltet wurden.

Ziel der Tagung war es, erstmals eine Plattform zum Austausch für Wirtschaftsunternehmen und Sozialeinrichtungen zu bieten, um über das Thema Arbeitsintegration von Menschen mit Beeinträchtigungen zu diskutieren. Der Einladung folgten mehr als 100 namhafte VertreterInnen aus Wirtschaft, Politik und Sozialorganisationen. „Wir möchten mit den diesjährigen Zukunftsgesprächen einen Dialog über Möglichkeiten und Grenzen sowie unterschiedliche Sichtweisen der Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen in das Berufsleben eröffnen. Denn intensive Kommunikation und Austausch sind entscheidend für die Umsetzung erfolgreicher Arbeitsintegrationsmaßnahmen“, so Mathias Mühlberger, Direktor der Caritas in Oberösterreich zu Beginn der Veranstaltung. Diskutiert wurde dabei auch die Frage, inwieweit sich Menschen verändern und anpassen müssen, um integriert werden zu können, oder ob sich auch das Arbeitsumfeld entsprechend verändern sollte – daher auch der Titel „Müssen Pinguine fliegen können?“

Ehrengast Sozialminister Dr. Erwin Buchinger wies in seinem Eröffnungsstatement darauf hin, dass sich angesicht der beginnenden Wirtschaftskrise die Situation am Arbeitsmarkt auch für Menschen mit Beeinträchtigungen verschlechtern werde. Daher brauche es „verstärkte Investitionen, aber auch Know-How“, um Beschäftigung zu ermöglichen. Wirtschaftslandesrat Viktor Sigl betonte, dass eine individuelle Begleitung von ArbeitnehmerInnen als auch ArbeitgeberInnen entscheidend für eine gelungene Integration sei. Dafür sei eine bessere Vernetzung aller AkteurInnen notwendig.

Dr. Michael Himmer, Experte EU und Soziales, stellte die europäischen Rahmenbedingungen für dieses Thema vor. 2003 hat die EU Kommission einen Aktionsplan zur Gleichbehandlung von Menschen mit Beeinträchtigungen vorgelegt, der für den Zeitraum 2008 und 2009 u.a. die Förderung der Erwerbstätigkeit vorsieht.

Gelungenes Kooperationsbeispiel
Als Beispiel für eine gelungene Kooperation zwischen Wirtschaft und Sozialorganisationen wurde das Projekt Spar-Caritas in St. Florian vorgestellt. Die Caritas für Menschen mit Behinderungen hat hier im Juni 2007 mit SPAR ein Ausbildungszentrum für Menschen mit Beeinträchtigungen ins Leben gerufen. In einem Spar-Lebensmittelmarkt, der von der Caritas geführt wird, erhalten Jugendliche eine praxisnahe Ausbildung, was ihnen beste Chancen auf einen Arbeitsplatz eröffnet: 5 Jugendliche aus dem Projekt haben bereits in anderen Spar-Märkten eine fixe Anstellung gefunden. Direktor Jakob Leitner, Geschäftsführer von SPAR OÖ, berichtete von den anfänglichen Befürchtungen, dass die Marke SPAR dadurch Schaden nehmen könnte, jetzt habe man aber gegenteilige Erfahrungen gemacht und sei froh über das Projekt.

Zwei verschiedene Welten
Mag. Hermann Wögerer vom Verein Miteinander GmbH wies in seinem Referat darauf hin, dass bei der Arbeitsintegration zwei unterschiedlich tickende Welten in Übereinstimmung gebracht werden müssen, was nur durch individuelle Ansprache der Unternehmen und Begleitung des Integrationsprozesses gelinge. Für seine Dissertation, die sich mit dem Thema beschäftigt, hat Wögerer mehrere UnternehmerInnen befragt. „Notwendig ist eine intensive persönliche Information von  Unternehmen, um sie mit dem Phänomen Arbeit und Behinderung zu konfrontieren“, so sein Befund. Darüber hinaus müsse ein tatsächlicher Bedarf im Unternehmen vorhanden sein und es brauche einen intensiven Ausbau der Instrumente der unterstützten Beschäftigung.

Am Nachmittag wurden in Workshops verschiedene Themen bearbeitet, unter anderem Schutzbestimmungen und Fördermöglichkeiten, arbeitsmarktpolitische Neutralität, grundsätzliche Eignung von Menschen mit Beeinträchtigungen sowie Ausbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten in Form von Kooperationen. Die wichtigsten Workshopergebnisse werden im Rahmen einer Diplomarbeit wissenschaftlich bearbeitet.

Persönliche Kontakte entscheidend
In der abschließenden Podiumsdiskussion war der Tenor, dass insbesondere der persönliche Kontakt zwischen Wirtschaftsunternehmen und Sozialorganisationen sehr wichtig sei. Er sollte schon während der Ausbildung von Menschen mit Beeinträchtigungen hergestellt werden. Arbeitsintegration könne im Unternehmen auch nicht „von oben“ verordnet werden, sondern die MitarbeiterInnen müssten mit ins Boot geholt werden. Grundsätzlich sei noch vieles an Aufklärungs- und Informationsarbeit zu leisten. „Mit den Zukunftsgesprächen 08 wurde ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung gesetzt – es wurden viele neue Kontakte geknüpft und Informationen ausgetauscht“, freute sich Mag. Wolfgang Scheidl, Leiter der Abteilung Ausbildung und Arbeit der Caritas für Menschen mit Behinderungen.

Das gesamte Catering der Tagung wurde von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen aus Qualifizierungsprojekten der Caritas für Menschen mit Behinderungen organisiert und zubereitet – und wurde von den TeilnehmerInnen sehr gelobt. Und zum Titel der Veranstaltung passend erhielt jedeR TeilnehmerIn auch noch einen von den Jugendlichen selbst angefertigten kleinen Stoff-Pinguin.