Auch im vergangenen Schuljahr führten die Schüler*innen von zwei Klassen der Caritas-Schule für Sozialbetreuungsberufe, Salesianumweg im Unterrichtsfach „Humanwissenschaftliche Grundbildung Soziologie“ empirische Sozialforschung durch. „Denn im Rahmen des Diplommoduls sollen die Ausbildungsteilnehmenden mit den Grundzügen der empirischen Sozialforschung vertraut gemacht werden“, erklärt Mag. Martin Böhm, der u.a. dieses Fach unterrichtet. „Allerdings ist diese Einführung in die Grundlagen der Sozialforschung zeitlich mit einem Semester stark limitiert und auch nur ein Aspekt der Wissensvermittlung dieses Semesters. Deshalb beschäftigten sich die Teilnehmenden ausschließlich mit den Grundregeln der Fragenformulierung und der theoretischen Einarbeitung ins Thema. Die Sub-Themen für die Befragung wurden in Gruppen von den Ausbildungsteilnehmenden selbst gewählt, ausgearbeitet und entwickelt. In einem diskursiven Prozess im Klassenverband wurden Fragen verändert, abgewiesen und basisdemokratisch - auf Wunsch der Ausbildungsteilnehmenden - so belassen. Die Aufbereitung und deskriptive Auswertung der Daten sowie die Gestaltung der Ergebnispräsentation wurden von mir durchgeführt. Der Dank für das Einlassen auf diesen Prozess der Forschung gilt den Schüler*innen der DMA- und DMB-Klasse.“
Die Fragebogenentwicklung fand von Dezember 2021 bis Jänner 2022 statt. Zwischen Mitte Jänner und Mitte März 2022 wurde die Befragung durchgeführt. Die Befragung wurde online den 220 Ausbildungsteilnehmenden der Caritas-Schule für Sozialbetreuungsberufe, Salesianumweg zur Verfügung gestellt. Nicht dabei waren Ausbildungsteilnehmende des Vorbereitungslehrgangs, der Alltagsbegleitung sowie der Zusatzqualifikation Sozialpsychiatrie. Die Rücklaufquote lag bei der einen Klasse bei 52,7%, bei der anderen bei 39,1%.
Die DMA-Klasse befragten die Schulkolleg*innen zu den Themen Rollenerwartung, Pünktlichkeit am Arbeitsplatz, Konflikte im Team als Chance oder Bedrohung sowie zum Thema Zufriedenheit am Arbeitsplatz.
Die DMB-Klasse wollte von den Schulkolleg*innen erfahren, was die Ausbildung mit ihnen macht, was am Arbeits-/Praktikumsplatz zur Zufriedenheit beiträgt, welches Urlaubsverhalten sie haben und wie sich das Arbeitsverbot während der Corona-Pandemie für Menschen mit Beeinträchtigungen auf sie hatte.
Wenig überraschend ist für fast alle Ausbildungsteilnehmenden, nämlich für 99%, Pünktlichkeit am Arbeitsplatz sehr (76%) oder eher (23%) wichtig. Knapp 45% von ihnen sind noch nie zu spät zur Arbeit gekommen, 43% selten. Allerdings kommen 12% durchschnittlich häufiger als 3x pro Monat zu spät zur Arbeit. Pünktlichkeit habe dabei vor allem mit Wertschätzung, Respekt und Vertrauen zu tun. Interessant ist, dass entschuldigtes Zuspätkommen 82% der Befragten weniger oder nicht stört, während unentschuldigtes Zuspätkommen für 95% störend ist. 83% geben zudem an, dass Zuspätkommen die gute Zusammenarbeit (eher) negativ beeinflusst und 77,6% denken, dass Unpünktlichkeit den beruflichen Erfolg (eher) negativen beeinflusst.
Konflikte im Team bereiten 78,8% der Befragten (eher) Sorgen. 63,6% fällt es (eher) leicht, Konflikte sofort anzusprechen. Für 57,2% trifft es (eher) zu, dass sie die Gefühle anderer nicht verletzen möchten und deshalb Konflikte vermeiden.
Während grundsätzlich (eher) hohe Zufriedenheit am Arbeitsplatz in Bezug auf körperliche und psychische Belastungen, Zeitdruck, Arbeitsabläufe und dem Verhältnis zu Vorgesetzten vorliegt (jeweils deutlich über 80%), gibt es Verbesserungspotenzial bei der Gestaltung der Pausenräume, beim Personalschlüssel und insbesondere bei der Entlohnung.
Die Caritas-Schulen für Sozialbetreuungsberufe legen neben der Vermittlung von Fachwissen großen Wert auf die persönliche Entwicklung der Schüler*innen. 92% der Befragten gaben an, dass die Ausbildung sie (eher) verantwortungsvoller gemacht hat, für 94% hat sich ihre Einstellung zu Menschen mit Beeinträchtigungen (eher) positiv verändert, 89% geben an, dass sie seit ihrer Ausbildung (eher) einen positiveren Einfluss auf die Sichtweise zum Thema Behinderung in ihrem Umfeld haben. Darüber hinaus haben 92% der Befragten mehr positive als negative Erfahrungen mit Menschen mit Beeinträchtigungen gemacht.
Erfreulich ist, dass der Großteil der Befragten (96,4%) überwiegend ein positives Arbeitsklima vorgefunden hat. Für viele von ihnen gab es auch Möglichkeiten, Verantwortung zu übernehmen (94%), Ideen zu verwirklichen (83,1%) oder Entscheidungen zu treffen (77,1%). 61,4% der Befragten sehen eher keine Aufstiegschancen an ihrem Praktikums-/Arbeitsplatz, knapp 80% erhalten wertschätzendes Feedback von ihren direkten Vorgesetzten. 94,1% der Befragten würden Freunden (eher) raten, als Fach-Sozialbetreuer*in tätig zu werden – und genauso viele würden sich für denselben Beruf wieder entscheiden.
Eindeutig war das Ergebnis bei der Einschätzung, ob sich bei Menschen mit Beeinträchtigungen aufgrund der Corona-Maßnahmen Unsicherheiten ergaben: 81,4% stimmten dieser Aussage bei ihren Kund*innen (eher) zu. Dabei spiele das Alter der Menschen mit Beeinträchtigungen keine wesentliche Rolle. Knapp 85% gaben an, dass die Kund*innen (eher) gut über die Maßnahmen aufgeklärt wurden. 54,1% der Befragten gaben an, dass sich das Verhalten der Kund*innen generell (eher) negativ verändert hat, 17,6% konnten keine Auswirkungen feststellen, während es bei 8,3% zu (eher) positiven Auswirkungen kam. 73% gaben an, dass sich die Pandemie (eher) negativ auf die Psyche der Kund*innen ausgewirkt hat. Die Arbeitsmotivation hätte sich laut 34,2% der Befragten (eher) negativ verändert, 28,2% der Befragten sahen keine Veränderungen und laut 15,3% der Befragten hätte sich diese (eher) positiv verändert.