Ein Betreuer spielt Fußball mit drei Kindern vor der Kirche in St. Isidor.

Warum Zeit schenken wichtiger ist als Ziele setzen

Mit acht Jahren zum ersten Mal durch einen Wald streifen – für viele unvorstellbar, für manche Kinder Realität. Welche Kraft steckt in solchen Erinnerungen für Kinder, die nicht immer auf der Sonnenseite standen?

Seine Eltern arbeiteten beide in Hartheim. Schon als Kind begleitete Benjamin Ecker seine Mama in die Wohngemeinschaften von Menschen mit Beeinträchtigungen. So war sein Weg in den Sozialbereich eigentlich vorgezeichnet. Zunächst schlug er jedoch eine andere Richtung ein - die Ausbildung zum EDV-Techniker. Doch kurz vor dem Berufseinstieg kam die Wende: Bei einem Bewerbungsgespräch redete ihm der künftige Chef, selbst Vater eines behinderten Kindes, ins Gewissen. Er machte dem jungen Mann deutlich, wie wichtig die Arbeit als Behindertenbetreuer ist. Benjamin Ecker hörte auf sein Herz – und begleitet seit elf Jahren Kinder und Jugendliche in St. Isidor beim Erwachsen-Werden.

Feuer und Flamme für Ersterlebnisse

Holz ist aufgeschichtet, zu hören nur das Rascheln der Blätter. Mit dem Feuerzeug entzündet Benjamin Ecker die Papierballen unter den Holzscheiten. Es dauert nicht lange, und das Lagerfeuer lodert. Große Augen bei den Kindern. Manche von ihnen sehen zum ersten Mal in ihrem Leben ein Lagerfeuer.

Es sind diese Ersterlebnisse, die Benjamin Ecker besonders liebt: wenn beim WG-Urlaub in Kroatien zum ersten Mal das Meer vor ihnen liegt, wenn sie mit 8 oder 10 Jahren zum ersten Mal im Wald unterwegs sind und unwegsames Gelände erkunden. Oder das erste wirklich groß zelebrierte Weihnachtsfest. „Alle Erlebnisse, die wir miteinander teilen, sind extrem kostbar“, sagt der Behindertenbegleiter.

Fünf Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren begleitet er aktuell gemeinsam mit drei Kolleg*innen. Im Schichtdienst wechseln sie sich ab, damit immer jemand für die Kinder in der Wohngemeinschaft da ist. Der Tagesablauf ist klar strukturiert: Morgens gemeinsam frühstücken, Schulvorbereitung, Einkäufe und Arzttermine während der Schulzeit, danach Hausübungen – und schließlich Freizeit. Gerade in dieser Zeit kann er seine Stärken einbringen. Ganz frei und flexibel kann er planen, wie er die Zeit mit den Jugendlichen verbringen will.

Wald statt WLAN

Am liebsten fährt er mit ihnen in den Böhmerwald. Als ausgebildeter Waldpädagoge und gebürtiger Saarleinsbacher schlägt sein Herz für die Natur - und diese Naturerlebnisse will er auch den Kindern ermöglichen. „Am Anfang tun sie sich schwer, abseits von Medien, Handy und Tablets etwas mit sich anzufangen“, erzählt er. Doch dann blüht die Fantasie auf. Sie beginnen mit dem, was sie im Wald finden, etwas zu bauen. Und wenn einem der Knopf aufgeht, lassen sich die anderen mitreißen. Wenn sie ihn schließlich zurück in der WG fragen: „Fahren wir mit dir wieder in den Wald?“, weiß Benjamin Ecker, dass er viel erreicht hat.

Zeit schenke statt Ziele setzen

Sein Anspruch ist dabei ganz einfach: „Die Kinder sollen in St. Isidor eine schöne Zeit haben. Sie müssen für mich nichts erreichen oder es schaffen, einen bestimmten Beruf zu ergreifen“, betont er. Er weiß, dass viele von ihnen schwierige Erfahrungen aus ihrer Herkunftsfamilie mit sich tragen. Umso wichtiger ist es ihm, dass sie eines Tages mit einem Lächeln an ihre Zeit zurückdenken: „Ich möchte, dass sie positive Kindheitserinnerungen mitnehmen.“

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