Die Werkstätte St. Pius der Caritas in Peuerbach und das Sägewerk Kemptner in Tollet verbindet eine außergewöhnliche Partnerschaft - und das seit mehr als 25 Jahren. Was mit einem spontanen Hilfseinsatz begann, ist heute eine Erfolgsgeschichte für gelebte Inklusion, wirtschaftliches Miteinander und menschliche Entwicklung.
Der Ursprung liegt in einer kleinen, praktischen Geste: Als das Sägewerk mit dem Hobeln von Holz für die Werkstätte St. Pius in Verzug geriet, bot ein Caritas-Mitarbeiter kurzerhand an, dass die Werkstattgruppe doch beim Hobeln helfen könnte. Die Zusammenarbeit funktionierte auf Anhieb – und die Gruppe war mit Begeisterung bei der Sache. Von da an rief der damalige Firmenchef Alfred Kemptner sen. immer wieder an, wenn es Arbeit für die Caritas-Gruppe gab. Durch die gezielte Suche von Kemptner wurden die Aufträge im Laufe der Zeit mehr und die Kooperation wuchs. Die Zusammenarbeit mündete in eine Integrative Beschäftigung (IB), die es seit 2008 gibt. Diese ermöglicht es Menschen mit Beeinträchtigungen, in Unternehmen mitzuarbeiten – außerhalb eines Angestelltenverhältnisses, aber mit klar geregelter Unterstützung. Vertragspartnerin ist die Caritas OÖ. Zwei Caritas-Mitarbeiter begleiten die Gruppe vor Ort und sorgen für Qualität und sichere Arbeitsbedingungen. Im Sägewerk haben von Seiten der Caritas Tischlermeister Johann Maier und Rudolf Wöginger die Verantwortung für die neun integrativ beschäftigten Mitarbeiter, die fixer Teil des Teams im Sägewerk in Tollet sind. „Am Anfang war es eine große Herausforderung – es gab keine Strukturen, die Halle war eigentlich nur ein Lagerraum“, erinnert sich Johann Maier, der seit 2004 als IB-Begleiter im Einsatz ist. „Aber wir haben gemeinsam mit der Firma die Ausstattung aufgebaut – und heute ist es ein schön gewachsenes Projekt.“ Gefertigt werden hier unter anderem jährlich Holzauflagen für rund 2.000 Parkbänke der Stadt Wien, Bauteile für Pelletsilos, Fensterhölzer und Schulmaterialien. Gearbeitet wird mit speziell adaptierten Maschinen, die auch von Menschen mit Beeinträchtigungen bedient werden dürfen. Spezielle Aufträge werden zusätzlich für die Firma Kemptner auch in der Tischlerei in St. Pius erledigt.
Alfred Kemptner jun., der das Familienunternehmen heute führt, lebt das soziale Engagement seines Vaters weiter: „Es war ihm wichtig, Menschen eine Chance zu geben. Dass ich das fortführe, liegt für mich auf der Hand. Ich sehe, dass dabei viel Gutes entsteht - auch wirtschaftlich. Die soziale Komponente spielt auch bei der Auftragsvergabe eine Rolle.“ Für die IB-Kund*innen bedeutet die Tätigkeit im Sägewerk weit mehr als nur Beschäftigung. Sie sind
Teil eines Teams, das gemeinsam arbeitet, lacht und einander unterstützt. Michael Luftensteiner, 53 Jahre, sagt: „Ich freue mich jeden Tag, wenn ich hierherfahren darf. Die Gruppe taugt mir, und die Gaudi – hier tut sich was!“ Er hilft unter anderem beim Zuschneiden und Bohren und hat sich mit Caritas-Mitarbeiter Johann Maier sogar eine eigene Zeichensprache für die laute Werkshalle zugelegt. Auch Harald Wintersteiger, 49 Jahre, ist mit Herzblut dabei: „Ich mag alles – Fräsen, Hobeln, Schleifen, Bohren … und das Lasieren für die Wiener Parkbänke.“ Er ist seit über 20 Jahren fixer Bestandteil des Teams. Einem seiner Kollegen eröffnete sich durch die Integrative Beschäftigung die Möglichkeit, dass er in den 1. Arbeitsmarkt wechselte. Dieser ist mittlerweile seit 15 Jahren in der Firma Kemptner angestellt. Auch außerhalb der Arbeitszeit sind die Männer aus St. Pius ins Betriebsgeschehen eingebunden: Es gibt gemeinsame Ausflüge, Weihnachtsfeiern und kleine Aktivitäten wie Angeln. Dieses gelebte Miteinander schafft Vertrauen und stärkt die Zugehörigkeit. „Wir sind für das langjährige Vertrauen, das außergewöhnliche soziale Engagement und die nachhaltige Zusammenarbeit mit der Firma Kemptner sehr dankbar“, betont Johann Maier. „Diese Partnerschaft zeigt, wie aus kleinen Ideen große Entwicklungen werden können – wenn man aneinander glaubt.“