„Männer gehören nicht in den Kindergarten“ – ein Vorurteil, das Thomas Altendorfer längst widerlegt hat. Der 27-Jährige leitet gemeinsam mit einer Kollegin den Kindergarten Hellmonsödt und zeigt, wie selbstverständlich männliche Pädagogen in der Elementarbildung sein können. Im Interview spricht er darüber, warum ein Familienurlaub sein Leben veränderte und was sich ändern muss, damit es mehr wie ihn gibt.
Was war der Schlüsselmoment, der Sie zum Beruf gebracht hat?
Altendorfer: „Ich wollte ursprünglich Lehrer werden. Es änderte sich jedoch alles in einem Familienurlaub in Italien, da war ich etwa zwölf. In dem Ressort gab es einen großen Spielplatz. Mein jüngerer Bruder spielte mit Gleichaltrigen, während ich auf alle jüngeren Geschwister dieser Kinder aufpasste, damit sich niemand verletzt. Meine Mama fragte mich, ob ich nicht ‚Kindergärtner‘ werden möchte.
Wir besuchten die BAKIP Linz am Tag der offenen Tür, und ich war begeistert! Besonders das moderne Gebäude, im Gegensatz zu meiner ‚alten‘ Schule, beeindruckte mich sehr. Außerdem gab es einen ‚Burschentisch‘, an dem man mich gleich willkommen hieß. Da wusste ich: Das ist mein Weg.“
Wie reagieren Eltern auf Sie als Mann im Kindergarten?
Altendorfer: „Anfangs gab es schon kritische Blicke – vor allem beim Thema Wickeln. Manche Eltern waren skeptisch: „Kann der das überhaupt?“ Aber nach zwei Monaten war das kein Thema mehr. Die Eltern sehen, wie ich mit den Kindern umgehe. Vertrauen entsteht durch Begegnung.
Verhalten sich die Kinder anders gegenüber männlichen Pädagogen?
Altendorfer: „Als Mann ist man im Kindergarten etwas ganz Besonderes. Ich bin oft einfach ‚neu‘ oder ‚spannend‘ – gerade bei Praktika habe ich das gemerkt. Da kamen alle Kinder zu mir, obwohl meine Kollegin eine aufwendige Schatzsuche vorbereitet hatte - und ich einfach nur Verstecken mit ihnen gespielt habe.
Aber das legt sich mit der Zeit. Die Kinder wählen ihre Bezugsperson ganz individuell. Es ist nicht so, dass die Jungen zu mir kommen und die Mädchen zu meinen Kolleginnen.“
Hattest du je das Gefühl, dich als Mann besonders beweisen zu müssen?
Altendorfer: „Eher im Gegenteil. Ich beobachte, dass meine Kolleginnen oft länger unter Beobachtung stehen und sich vor den Eltern beweisen müssen. Sie haben es viel schwerer. Ich selber habe dieses Verhalten, so lange kritisch beäugt zu werden, nie gespürt. Meine Pädagogik wird nicht so stark hinterfragt wie die meiner Kolleginnen.“
Wie werden Sie durch ihre Berufswahl wahrgenommen?
Altendorfer: „Frauen finden das meistens toll. Beim männlichen Freundeskreis muss ich viele Dinge, anders als bei technischen Berufen, oft erklären. Es ist einfacher eine Maschine zu programmieren, als ein Kind zu verstehen und ihm Neues beizubringen.
Ich habe auch den Eindruck, dass die LGBTQ-Bewegung viel dazu beigetragen hat, um die Akzeptanz für Männer im Kindergarten zu erhöhen. Nur bei der älteren Generation - die Omas und Opas - merkt man noch das Klischee-Denken. Wenn sie ein Kind abholen, sagen sie ‚Jetzt sagst du noch Tschüss zur Tante.‘ Dann sehen sie mich und sind verwirrt.“
Was müsste sich ändern, dass mehr Männer in diesen Beruf gehen?
„Ganz klar: das Gehalt. Viele meiner Kollegen aus der BAFEP sind dann doch Lehrer geworden – wegen des Einkommens und des Urlaubs.
Wenn man eine Familie gründen will, bleibt meist der schlechter Verdienende zuhause beim Kind. Der Mann bleibt (leider) immer noch häufig weiter berufstätig. Wenn ich nun mein Gehalt mit meinen Freunden in technischen Berufen vergleiche, ist da ein großer Unterschied - auch wenn er früher noch größer war. Es bewegt sich zumindest in die richtige Richtung, um dem Beruf die nötige Wertschätzung entgegenzubringen und für beide Geschlechter attraktiver zu machen.“
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