Aus dem sozialen Blickwinkel der Kirche wurde bei der Pressekonferenz am 24.9.2010 die gesellschaftliche Situation angesprochen und notwendige Schritte für die Zukunft aufgezeigt. Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz, Stimmen betroffener Menschen, Caritasdirektor Mathias Mühlberger und der Leiter des Sozialreferates der Diözese Linz DDr. Severin Renoldner zeigten auf, wo Menschen unter den Auswirkungen der Wirtschaftskrisen aber auch des Wirtschafts- und Finanzsystems leiden. Die Katholische Kirche in OÖ startet 2010/11 den sozialen Schwerpunkt: „Um der Menschen willen – dioezese-linz.at/sozial“.
Soziales Handeln gehört zum Kern des Christlichen. Die Katholische Kirche möchte im kommenden Arbeitsjahr bewusst die individuellen aber auch strukturellen Nöte und Ungerechtigkeiten wahrnehmen und aufzeigen. Viel konkrete mitmenschliche Hilfe wird von Mitgliedern und Einrichtungen der Katholischen Kirche in OÖ angeboten. Dadurch wird das Klima der oberösterreichischen Gesellschaft sozial wesentlich gestaltet.
„Ich war krank und ihr habt mich besucht“ Mt 25
Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz verwies auf die Aufforderungen, die Jesus im Matthäus-Evangelium nennt: „Ich war krank und ihr habt mich besucht. Ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen. …“ Diese Sätze werden auch in zwei Plakatserien im Oktober und Dezember in Oberösterreich auf den sozialen Schwerpunkt der Kath. Kirche in OÖ hinweisen. Sie wollen auf die bestehenden Notsituationen aufmerksam machen. Die Katholische Kirche präsentiert sich als eine Gemeinschaft, die die Weisung Jesu ernst nimmt und sich von ihr und den Nöten der Menschen leiten lässt.
„Es ist uns wichtig, nicht nur direkte Nothilfe zu leisten, sondern auch die Ursachen von Leid, Ungerechtigkeit, Ausbeutung und ungerechter Verteilung zu analysieren und für eine sozialere, gerechtere Gesellschaft einzutreten“, so Schwarz bei der Pressekonferenz.
Ganz konkret forderte er: „Viele Integrationsprobleme könnten schon gelöst werden, wenn wir Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus zumindest während ihrer Anwesenheit mit Würde und Rechten behandeln, d.h. z.B. auch arbeiten und sich frei bewegen lassen. Armut zu bekämpfen bedeutet auch, jenen Menschen Rechte zu geben, die als Einwanderer zu uns kommen. Die österreichische Rechtsordnung ist zu eng geworden und schafft so unnötig noch mehr Armut. Besonders unwürdig erleben wir als Kirche Vorschläge, Armut dadurch zu bekämpfen, dass ein Arbeitszwang eingeführt wird. Wer die Mindestsicherung – die nach so langem Ringen und Taktieren endlich doch eingeführt wird – heute schon wieder als Privileg darstellt, kennt nicht die Not der Menschen. Die Mindestsicherung muss nicht eingeschränkt, sondern ausgebaut werden! Der Sozialstaat muss sich der heutigen Gesellschaft so anpassen, dass alle gut leben können, auch die Roma, auch die MigrantInnen, auch die jungen Arbeitslosen und die Langzeitarbeitslosen. Österreich ist reich genug dafür.“
Franz Xaver Mayr, Leiter der Beratungsstelle der Caritas für Menschen in Not in Linz schildert Beispiele von Nöten der Menschen, die vor allem durch die Finanz- und Wirtschaftskrise ausgelöst wurden. Viele Menschen wenden sich aufgrund von Arbeitslosigkeit an die Beratungsstellen.
Mindestsicherung kein Fortschritt zur Armutsbekämpfung
Caritasdirektor Mathias Mühlberger stellt fest, dass Menschenwürde und soziale Gerechtigkeit als Kompass in einer Gesellschaft auch in Krisenzeiten dienen sollen: „Auffällig ist, dass im Verlauf der Finanz- und Wirtschaftskrise kaum eine Auseinandersetzung damit erfolgt ist, welche Auswirkungen sie auf schon bisher benachteiligte Bevölkerungsgruppen hat. Dabei sind genau sie es, die unter den Wirkungen zu leiden haben. Hier zeigt sich wieder deutlich, dass die Interessen der Schwächsten in unserer Gesellschaft gerne ausgeblendet werden, während einflussreichere Gruppen sehr vehement ihre Rechte einfordern und auch offensichtlich mehr Gehör finden.“
Er sieht die Aufgabe der Caritas und Kirche auch darin, als „Stimmenverstärker“ der Benachteiligten auf die Folgen der Krise für Betroffene sowie auf die Gefahren für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen.
Mühlberger kritisiert konkret die Aussagen von Staatssekretärin Marek, BezieherInnen der Mindestsicherung mit gemeinnütziger Arbeit zu „bestrafen“ und bezeichnet die Mindestsicherung als keinen Fortschritt in der Armutsbekämpfung.
Ungerechte Verteilung
Die gegenwärtige Finanzkrise stellte Severin Renoldner in einen größeren Zusammenhang: „Diese hat weitreichende soziale Auswirkungen. Sie ist nicht nur eine mathematische oder ökonomische Krise, sondern eine Krise des Geistes, des Denkens, der falschen Lebenseinstellung und Politik sowie einer verantwortungslos gewordenen, zur Religion gewordenen ‚Pseudo-Wirtschaftlichkeit’. Wir sind nicht ‚arm’, sondern haben mitten im Luxus Armutszonen. Wir haben auch nicht zuwenig Arbeit, sondern leisten z.B. (nur offiziell gemeldete!) Überstunden im Ausmaß von 400.000 Halbtagsarbeitsplätzen bzw. 200.000 Vollzeitstellen pro Jahr. Das Problem heißt nicht Knappheit sondern ungerechte Verteilung.“
Renoldner zitiert das Sozialwort der christlichen Kirchen in Österreich: „Die Kirchen treten für einen Zugang aller dauerhaft in Österreich lebenden Menschen zum Arbeitsmarkt ein. (SW 183)“ Er betont darüber hinaus: „Die Diözese Linz setzt sich auch ein für einen ‚aktiven Sozialstaat, der unersetzlich ist, um sozialen Risiken wie Verarmung und Ausgrenzung entgegenzuwirken.’ (SW 230)“
Weitere Informationen und Downloads unter:
www.dioezese-linz.at/sozial