Ein Blick in einem vollgefüllten Saal, wo die Menschen auf Stühlen sitzen.

Caritas Forum 2025: KI & Du? Visionen für ein sozial-digitales Morgen

Caritas Forum 2025: Wenn das Herz digital schlägt – KI im Sozialbereich

Künstliche Intelligenz ist längst Teil unseres Alltags – auch im Sozialbereich. Das Caritas-Forum im Bildungshaus Schloss Puchberg in Wels wagte einen Blick in die Gegenwart und Zukunft und stellte die zentrale Frage: Wie bleibt das Herz neben der Technik erhalten – und der Mensch Gestalter statt Gelenkter? 
 

Rund 200 Caritas-Mitarbeiter*innen aus allen österreichischen Diözesen diskutierten zwei Tage lang über Chancen, Risiken und praktische Anwendungen der KI. Gerade in der sozialen Arbeit, die sich Menschen am Rand der Gesellschaft widmet, ist der kritische Blick gefragt: Denn jeder Algorithmus trägt die Gefahr eines Bias in sich – einer Bevorzugung der Mehrheit. 

Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler brachte es gleich zu Beginn auf den Punkt: „Die KI soll nicht Ungleichheiten reproduzieren, sondern die Welt gerechter machen.“ Sie plädierte für eine Ergänzung der künstlichen Intelligenz durch eine „Caritas-Intelligenz“. Denn KI verfügt zwar über unermessliches Wissen, doch sie kann weder kontextualisieren noch aus dem Kontext heraus qualifizieren. Deshalb brauche es für endgültige Entscheidung immer den Menschen. Und auch an Empathiefähigkeit fehlt es der KI. Zwar kann sie sich mitfühlend geben, doch sie kann beispielweise einen trauernden Menschen nicht in derselben Form spiegeln und mit ihm in Resonanz gehen wie jemand, die selbst diese Trauer erlebt hat. 

Caritas OÖ-Direktor Stefan Pimmingstorfer unterstrich: „Es geht darum, dass wir Gestalter*innen und sozialer Kompass dieser gesellschaftlichen Transformation werden.“ 

Mensch und Maschine als Team 

In sieben Workshops beleuchteten die Teilnehmenden, wie Zusammenarbeit mit KI im Alltag aussehen kann – als zusätzliche Kollegin, als kreative Partnerin oder als unterstützendes Werkzeug in der Beratung. Von der automatischen Anspruchsberechnung bis zur KI, die bei Brainstormings hilft oder als emotionale Bezugsperson auftritt bis hin zum Schreiben von Berichten „die ohnehin niemand liest“, reichte das Spektrum. 

Im Workshop „Gemeinsam stark: Wie gelingt die Zusammenarbeit von Mensch und KI? betonte Bettina Kubicek: „Der Mensch hat ein grundlegendes Bedürfnis nach Verbundenheit.“ 
Je mehr Aufgaben KI übernimmt, desto stärker wächst das Bedürfnis nach echter Begegnung. Studien zeigen: Wer nach der Arbeit mit KI wieder mit Menschen interagiert, zeigt sich hilfsbereiter und sozial offener. 

Medienforscherin Eugenia Stamboliev lenkte den Blick auf gesellschaftliche Risiken: „In der Vergangenheit wurden Berufe oft abgewertet, sobald technischer Fortschritt sie veränderte.“ 
Gerade in der Pflege stelle sich die Frage, ob Technik tatsächlich Zeit für Zuwendung schafft – oder ob durch sie einfach mehr Leistung gefordert wird. 

KI im Einsatz: von Caring Robots bis LiftSuit 

Am „Markt der Möglichkeiten“ wurden laufende KI-Projekte präsentiert. Das TU-Wien-Forschungsprojekt „Caring Robots“ untersucht, wie KI das Leben in Seniorenwohnhäusern bereichern kann. So ermöglicht das System „Calls of Care“ Menschen mit Demenz Gespräche über ein klassisches Festnetztelefon mit einer auf Validation programmierten KI. Eine weitere Anwendung dokumentiert Pflegegespräche automatisch, schafft so wertvolles Wissen für die Biografiearbeit und liefert passende Bilder gleich mit. Zentral bleibt dabei die Frage nach Datenschutz und Ethik. 

Aus Oberösterreich wurden mehrere Best-Practice-Beispiele vorgestellt: 
Im Seniorenwohnhaus St. Anna unterstützt das Exoskelett LiftSuit Pflegekräfte beim Heben. Die Beratungsstelle LENA beeindruckte mit KI-gestützten Informationsvideos, die deutsche Originale lippensynchron in verschiedene Sprachen übersetzen. Und die Sozialberatung der Caritas OÖ testet derzeit, wie Kontoauszüge automatisch analysiert, Ansprüche berechnet und Gesprächsdokumentationen vorbereitet werden können. 

Michaela Haunold von der Sozialberatung OÖ blickt jedoch kritisch auf mögliche KI-Telefonbots: „Menschen rufen bei uns in wirklichen Krisensituationen an“, betont sie. Zum einen sei es moralisch nicht vertretbar, sie in diesen Krisen allein mit einem Chatbot zu lassen - auch stelle sich die Frage der Haftung im Falle einer schlechten oder falschen Beratung. 

Das Forum machte deutlich: KI kann entlasten, beschleunigen und inspirieren – aber sie darf nie ersetzen, was den Kern sozialer Arbeit ausmacht: Menschlichkeit, Beziehung und Herz. 
Die Zukunft liegt darin, beides zu verbinden. 

Caritas Forum 2025: Eine Kooperationsveranstaltung der Caritas Oberösterreich und der Caritas Österreich.