Celebrating Diversity: Individuelle Kunst von Menschen mit Beeinträchtigung im Dialog

Menschen mit Beeinträchtigungen, die künstlerisch tätig sind, werden innerhalb des öffentlichen Kunstkanons kaum wahrgenommen oder ihre Kunst steht unter dem Label „Outsider Art“. Ihr Schaffen wird an der Beeinträchtigung festgemacht, nicht am Werk. Was ist notwendig, damit diese Künstler*innen auf Augenhöhe wahrgenommen werden? Zu dieser Frage lud die KUNST St. Pius der Caritas OÖ gemeinsam mit dem LENTOS Kunstmuseum in Linz zum inklusiven Kunsttalk.

Etwa 50 Teilnehmer*innen - Künstler*innen mit und ohne Beeinträchtigungen, Expert*innen und Kunstinteressierte diskutierten über die momentane Wahrnehmung von Kunst von Menschen mit Beeinträchtigungen und kamen zum Schluss, dass ihre Kunst kein „Mascherl“ brauche, sondern die Werke für sich selbst sprechen und neben anderen Bildern in einer Galerie hängen könnten. „Niemand würde einen Unterschied bemerken“, meinte etwa der Galerist Paul Fischnaller zur Qualität der künstlerischen Arbeiten.

Wichtig seien gute Rahmenbedingungen und Unterstützung aus der Kunstszene, um die Kunst von Menschen mit Beeinträchtigungen allen zugänglich zu machen, erklärte Theresia Klaffenböck, Leiterin der KUNST St. Pius. An Ideen und spannenden, ausdrucksstarken Umsetzungen mangelt es den Künstler*innen nicht. Das konnte das Publikum bei einer Führung durch das LENTOS Grafikdepot und die Sammlung mit Fokus auf Werke von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen erleben, ebenso bei einer Pop up-Ausstellung der KUNST St. Pius im LENTOS Auditorium und bei Ausführungen des Künstlers Patrick Seifriedsberger aus St. Pius.

Aussagekraft der Werke wichtig

Dr.in Brigitte Roitner-Doneus, Leiterin der Grafischen Sammlung des LENTOS, räumte ein, dass Nachholbedarf gegeben sei: „Wir könnten noch mehr Werke von Menschen mit Beeinträchtigungen kaufen – da gibt es keinen Automatismus, man muss bewusst daran denken, um diese Kunst mit einzubeziehen. Wichtigstes Kriterium ist aber das Kunstwerk selbst – was kann ich daraus lesen? Und nicht die Verfassung des Künstlers.“ Problematisch wäre, dass die Kunst von Menschen mit Beeinträchtigungen zurzeit noch sehr abgekapselt sei und in wenigen Galerien angeboten wird. Sie müsse mehr Selbstverständnis haben und mehr ins Bewusstsein gebracht werden.

Kunst soll für alle sein – ein hoher Anspruch an die Kunstvermittlung

Für Mag.a Karin Schneider, Leiterin der Kunstvermittlung im LENTOS, soll Kunst für alle möglich sein. Das LENTOS hat ein sehr diverses Programm an Kunstvermittlung, z.B. Führungen mit Gebärdendolmetscher*innen und ein Atelier für alle. Trotz aller Bemühungen, viele Menschen damit zu erreichen, gibt es auch immer noch Verbesserungspotential.

Raus aus dem kunsttherapeutischen Eck, rein in ein neues Publikum

Das gelingt Kristiane Petersmann mit dem Café „Viele Leute“ und der angeschlossenen „Galerie KULTURFORMEN“ in Linz. „Die Leute kommen ins Café, gehen dann durch den Galerieraum zum WC. So begegnen sie den Werken und kaufen sie auch. Mittlerweile haben wir Sammler*innen, die immer wieder kommen. Oder Leute, die gerade angefangen haben, ihre Liebe zu den Bildern zu entdecken.“

Faire Bezahlung und mehr Wahrnehmung

Diskutiert wurde auch der finanzielle Aspekt – eine faire Bezahlung der Künstler*innen sei wichtig, ohne dass es zu einem Entzug der Pflegegeldzahlungen komme. Hier seien die Trägerorganisationen gefordert, gute Lösungen zu finden.

Die inklusive Gesprächsrunde im LENTOS war ein wichtiges Zeichen, um die Öffentlichkeit für die Kunst von Menschen mit Beeinträchtigungen zu sensibilisieren und eine größere Wahrnehmung zu schaffen. Menschen mit Beeinträchtigungen müssen auch im Kunstbereich aktiv miteinbezogen werden – nach dem Leitsatz "nicht über uns, nicht ohne uns".